900 Jahre Griessen.
Geschichtliches
Der nachfolgende Text ist dem Büchlein „Grießen Hochrheingebiet – der kleine Urlaubsberater“ von 1963 entnommen.
… Neben Germanen und Römern lebten auch schon die Kelten in diesem Gebiet. Hügelgräber-Funde bei Altenburg und Rheinheim weisen darauf hin. Auf die Anwesenheit der Römer deuten deuten Funde in der Nähe Grießens beim Heideggerhof hin. Daß hier menschliche Ansiedlungen bestanden, beweisen die Funde von Mauerresten und unterirdischen Gängen in den Gewannen „Maueräcker auf dem Brand“. Ob dort das Dorf Grießen einmal stand, oder ob es sich um römische Ansiedlungen handelt, kann nicht mit Bestimmtheit gesagt werden.
Seinen Namen hat Grießen, wie bereits erwähnt, einem Edelmann namens „von Grießheim“ zuzuschreiben. Dieser Name ist erstmals im Jahre 1096 urkundlich nachzuweisen. Der heutige Ortsnamen scheint also eine mundartliche Abwandlung des „von Grießheim“ zu sein, dessen Haupthof oder Schloß südöstlich der heutigen Pfarrkirche und des Pfarrhofes, im Schloßbündt, gestanden haben mag, denn hier fand man bei Ausgrabungen ebenfalls Mauerreste und unterirdische Gänge.
Wie großzügig die Edelleute vor 900 Jahren mit Leben und Besitz ihrer Untertanen umgingen, zeigt eine Urkunde aus dem Jahre 1125, nach welcher ein Bernhardus von Grießheim einen Teil des Dorfes mit Gütern und Leibeigenen an das Kloster Rheinau gab. Mit diesem Edlen erlosch auch der Hauptstamm des Geschlechtes, während Seitenlinien noch etwa 400 Jahre weiterbestanden, die sich vornehmlich in den Städten Tiengen, Waldshut und Schaffhausen niederließen, wo sie völlig verarmten. So geschah es, daß ein Rudolf von Grießheim als österreichischer Waldvogt bei der Belagerung Tiengens im Jahre 1499 durch die Eidgenossen in Gefangenschaft geriet und dann gegen einen Züricher ausgetauscht wurde. Nach seinem Tode, ab 1516, findet sich der Name „von Grießheim“ nirgends mehr.
Während zwischen den Nachbesitzern, den Klöstern Rheinau und St. Blasien ein Tauziehen um die Menschen im Schwarzbachtale stattfand, ging der Ort selbst in die Hände der Herren von Erzingen über. Aber auch dieses Geschlecht verarmte und 1472 ging der Ort durch Kauf an den Grafen von Sulz über. In diese Zeit fallen auch fortwährende Kämpfe zwischen den Eidgenossen und dem Reiche, bzw. dem Hause Habsburg. Man nannte diese Zwistigkeiten bei uns Schweizerkrieg, während sie die Schweizer Schwabenkrieg nannten. Gerade Grießen hatte darunter sehr zu leiden.
1499 rückten die Österreicher auf Geheiß des Grafen von Sulz in den Klettgau ein. Die mit unseren Bauern verbündeten Eidgenossen kamen nicht zu Hilfe und die Heere zogen plündernd durch das Land. Darunter hatten die Orte Grießen, Geislingen, Rechberg, Dangstetten, sowie Ober- und Niedereggingen besonders schwer zu leiden. Die Wohnungen der Klettgauer wurden ausgeraubt und niedergebrannt. Es folgten nun einige Jahre der Ruhe, aber schon 1521/22 begann es wieder zu gären. Anlaß waren diesmal die Reformationsbestrebungen Luthers und Zwinglis.
1524 brach der sogenannte Bauernkrieg aus. Unter den Aufständischen taten sich besonders die Bauern von Grießen hervor. Ihr Anführer war der Bürger Claus Wagner. Auf der Küssaburg regierte für den Grafen v. Sulz der Junker von Heideck, dem die Bauern die Abgabe des Zehnt verweigerten und die Burg belagerten. Es kam zu einem Waffenstillstand, doch beide Parteien sannen auf Rache. Die Bauern zogen sich ins Gebiet der Herrschaft Eglisau zurück, um von don aus mit Unterstützung der Züricher in den Klettgau einzufallen. Aber der Gegner war inzwischen nicht untätig und schickte den Bauern seine Heere entgegen.
Am 4. November 1525 kam es auf dem Rafzerfelde zu einer mörderischen Schlacht, in der die Bauern unterlagen. Wer nicht auf dem Schlachtfeld liegen blieb, wurde gefangen genommen, in Ketten gelegt und auf die Küssaburg verbracht. Etwa 300 Aufständische entkamen zunächst, wurden aber am selben Abend auf dem Friedhof in Grießen umzingelt und zum Kampf gestellt. Viele mußten dabei ihr Leben lassen. Einigen gelang es, in die nahen Häuser zu entkommen, der Rest wurde ebenfalls auf die Küssaburg verbracht. Das Dorf wurde in Brand gesteckt und die Geflüchteten wurden in die brennenden Häuser gedrängt, wo sie elend umkamen. Um diese Zeit wurde auch das Stammschloß von Grießheim zerstört. Nun übte Graf v. Sulz eine mörderische Herrschaft aus. Die Gefangenen lagen jahrelang in schwerer Kerkerhaft; ihr Vermögen wurde eingezogen, und dem Anführer der Bauern, Hauptmann Claus Wagner, ließ der damalige Landvogt auf der Küssaburg, von Heideck, die Augen ausstechen und die Finger der rechten Hand abhauen. So zugerichtet stellte er ihn den Bürgern von Waldshut, die mit den Bauern sympathisiert hatten, als abschreckendes Beispiel vor. Auf diese Weise übte der Adel in damaliger Zeit das Strafrecht aus, das nicht immer von „adeliger Gesinnung“ zeugte.
Die Küssaburg, von deren Ruinen man heute einen prächtigen Blick über den Klettgau genießt – ein lohnendes Ausflugsziel für unsere Gäste – wurde im Dreißigjährigen Krieg durch Selbstzerstörung vor den anrückenden Schweden vernichtet. Das gesamte Gebiet rund um die Küssaburg steht heute unter Naturschutz.
„Grießen Hochrheingebiet – der kleine Urlaubsberater“, Säntis Verlag Kressbronn